Kursgewinne auf Aktien und Anleihen sind steuerfrei – wer aber sehr häufig spekuliert, läuft Gefahr, als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft zu werden.
Wann gilt man als Trader? Leserfrage von S.P.
In den letzten Jahren hat die Zahl von Privatpersonen, die versuchen, mit Börsengeschäften auch kurzfristig schöne Gewinne zu erzielen, deutlich zugenommen. Grundsätzlich sind Kursgewinne auf Wertschriften wie Aktien und Obligationen für Privatpersonen steuerfrei. Versteuert werden müssen indes Dividenden und Zinseinnahmen. Wenn man auch als Privatperson intensiv als Trader aktiv ist, riskiert man unter Umständen, dass man von den Steuerbehörden als jemand eingestuft wird, der oder die einen gewerbsmässigen Wertschriftenhandel betreibt.
Dies hat für die Betroffenen zur Folge, dass die Kursgewinne nicht mehr steuerfrei sind, sondern man diese versteuern muss. Da man meist noch ein Einkommen aus der beruflichen Erwerbstätigkeit hat, führt dies zu einer höheren Steuerprogression. Man zahlt deutlich mehr Steuern. Wenn man zudem als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird, würden auch noch Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von 10 Prozent des mit den Wertschriften erzielten Gewinns fällig. Der Börsenerfolg würde einem dann teuer zu stehen kommen.
Hundertprozent Klarheit darüber, in welchem Fall man von den Steuerbehörden als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird, besteht nicht, aber es gibt einige Kriterien, an die man sich halten kann. Konkret geht es dabei darum abzugrenzen zwischen üblicher privater Vermögensverwaltung, bei der Kursgewinne steuerfrei sind, und dem gewerbsmässigen Wertschriftenhandel mit den erwähnten Folgen.
Immerhin hat die Eidgenössische Steuerverwaltung schon vor zehn Jahren in ihrem Kreisschreiben Nr. 36 von 2012 fünf Kriterien definiert, die einem eine hohe Sicherheit geben, dass man eben nicht als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird. In dem Kreisschreiben festgehalten ist, dass die Steuerbehörden in jedem Fall von einer privaten Vermögensverwaltung beziehungsweise von steuerfreien privaten Kapitalgewinnen ausgehen, wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ – also gemeinsam – erfüllt sind:
Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens sechs Monate.
Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode.
Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50 Prozent des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.
Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften wie Zinsen, Dividenden, usw. sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.
Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
Soweit also die Definition im Kreisschreiben, anhand derer Sie prüfen können, ob das Risiko besteht, dass Sie von den Steuerbehörden als Trader – oder eben als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler – eingestuft würden. Wichtig ist der Hinweis, dass die Kriterien gemeinsam erfüllt sein müssen. Wenn einzelne Kriterien nicht erfüllt sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass man als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler taxiert wird.
In der Praxis sind viele private Trader ohnehin nicht wirklich erfolgreich.
Bei der Prüfung einer selbständigen Erwerbstätigkeit als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler achten die Behörden etwa auf die Höhe des Transaktionsvolumens und die Häufigkeit der Geschäfte und eine kurze Besitzdauer. Eine kurze Besitzdauer wird als Indiz gedeutet, dass die steuerpflichtige Person nicht vorwiegend Anlagezwecke verfolgt, sondern vielmehr an einer raschen Erzielung eines Gewinns interessiert ist.
Heikel ist auch der Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Wertschriftengeschäfte sowie der Einsatz von Derivaten. Falls die Nutzung von Derivaten die Absicherung von Risiken übersteigt und im Verhältnis zum Gesamtvermögen damit ein grosses Volumen umgesetzt wird, riskiert man, dass die Behörden den Handel mit Derivaten als spekulativ qualifizieren, was auf gewerbsmässiges Vorgehen hindeutet.
Wenn Sie verhindern wollen, dass Sie jemals als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft werden, empfehle ich Ihnen, nicht mit Derivaten zu spekulieren, für Ihre Börsengeschäft kein Fremdkapital einzusetzen und die Wertschriften nicht zu kurz, sondern wenigstens sechs Monate zu halten. In der Praxis sind viele private Trader ohnehin nicht wirklich erfolgreich. Aus meiner Sicht lohnt es sich nicht, zusätzlich zum eigentlichen Anlagerisiko auch noch das Risiko zu tragen, dass man später allenfalls als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird.
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Author: Jonathan Barker
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